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Posts Tagged ‘Kierkegaard’

March 9, 1944 to Eberhard Bethge, from Tegel

Ich habe noch nicht auf Deine Gedanken über Michelangelo – Burckhardt – “hilaritas” geantwortet. Es leuchtet mit einerseits ein, jedenfalls was Burckhardts Thesen angeht. Anderseits darf man die hilaritas nicht nur als die klassische Heiterkeit (Raffael, Mozart) verstehen; auch- ein paar Namen zu nennen- Walther von der Vogelweide, der Bamberger Reiter, Luther, Lessing, Rubens, Hugo Wolf, K. Barth haben etwas von der hilaritas, die ich auch als

Zuversicht zum eigenen Werk, als Kühnheit und Herausforderung der Welt und des vulgären Urteils, als feste Gewißheit, der Welt mit dem eigenen Werk, auch wenn es ihr nicht gefällt, etwas Gutes zu erweisen, als hochgemute Selbstgewißheit

beschreiben möchte.

Ich gebe zu, daß Michelangelo, oder auch Rembrandt, – und mit Abstand – Kierkegaard, Nietzsche auf ganz anderer Linie liegen als die vorher genannten.

Es liegt etwas weniger Thetiches, Evidentes, Abgeschlossenes in ihren Werken, etwas weniger Überwundenes, weniger Abstand von sich selbst und Humor. Trotzdem würde ich auf einige von ihnen den Begriff der hilaritas in dem beschriebenen Sinne anwenden, als notwendige Attribut der Größe.

Hier liegt die – vermutlich bewußte – Schranke Burckhardts.

der Abstand distance, difference

das Abgeschlossen isolated thing

der Gedanke thought

das Größe greatness

die Heiterkeit cheerfulness

die Herausforderung challenge

die Kühnheit boldness

die Linie line

die Schranke barrier, limit

Thetich assertive (?)

das Überwunden (inf) overcoming

das Urteil judgment, opinion

die Zuversicht confidence

angehen begin, engageantworten, geantworten answer

anwenden use, apply

einleuchten be clear

erweisen prove

nennen call

verstehen understand

beschrieben described, specified

bewußt conscious

trotzdem nevertheless

vermutlich presumable/ly

hilaritas Latin, cheerfulness; from Greek hilaros.

Jacob Burckhardt, Swiss art and culture historian (bio here), author of The Civilisation of the Period of the Renaissance in Italy (google books here). Bryn Mawr review essay here.

der Bamberger Reiter The Knight of Bamberg; famous statueof a rider on horse from the Cathedral of St. Peter and St. George at Bamberg, ca. 1215 photo.

Gotthold Ephraim Lessing literary genius of the Enlightenment, wrote dramas and drama criticism (Hamburgische Dramaturgie). His Laocoon:: An Essay on the Limits of Painting and Poetry inspired Goethe. (Bio, Wikipedie).

Peter Paul Rubens, Flemish painter 1577-1640, catalog of online paintings here.

Walther von der Vogelweide (ca 1170-1230) “belongs to the remarkable flowering in German literature at the end of the 12th century and in the first decades of the 13th century” (Literary Encyclopedia). Wikipedia article includes an excerpt from “Unter den Linden” with a translation, here. The full poem, untranslated (and with popup ads!) is available here.

Hugo Wolf (1860-1903) Austrian composer.

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to Eberhard Bethge, January 23, 1944 (Tegel)

In his unfinished Ethics, Bonhoeffer stated that the commandment of God reaches one in four “Mandates” or areas of life: Marriage, Work, State, Church. In this letter he ponders the place of friendship in this scheme. Friendship is not a mandate but belongs to the realm of freedom.

Was Du in diesem Zusammenhang über die Freundschaft, die sich im Unterschied zu Ehe und Verwandtschaft keiner allgemein anerkannten Rechte erfreut und die daher ganz auf dem ihr innewohnenden Gehalt ruht, sagst, finde ich sehr gut beobachtet. Es ist ja tatsächlich nicht leicht, die Freundschaft soziologisch einzuordnen. Sie muß wohl als ein Unterbegriff des Kultur- und Bildungsbegriffs verstanden werden, während Bruderschaft unter den Kirchenbegriff und Kameradschaft unter den Begriff der Arbeit und den Begriff des Politischen fällt. Ehe, Arbeit, Staat und Kirche haben ihr konkretes göttliches Mandat, wie steht es aber mit Kultur und Bildung?

Ich glaube nicht, daß man sie einfach dem Arbeitbegriff unterordnen kann, so verlockend das in vieler Hinsicht wäre. Sie gehören nicht in den Bereich des Gehorsams, sondern in den Spielraum der Freiheit, der alle drei Bereiche der göttlichen Mandate umgibt.

Wer von diesem Spielraum der Freiheit nichts weiß, kann ein guter Vater, Bürger und Arbeiter, wohl auch ein Christ sein, aber ob er ein voller Mensch ist (und insofern auch ein Christ im vollen Umfang des Begriffes), ist mir fraglich. Unsere “protestantisch” (nicht lutherisch!)-preußische Welt ist so stark durch die 4 Mandate bestimmt, daß der Speilraum der Freiheit dahinter ganz zurückgetreten ist.

Ob vielleicht – so scheint es heute fast – der Begriff der Kirche es ist, von dem aus allein das Verständnis für den Spielraum der Freiheit (Kunst, Bildung, Freundschaft, Spiel) wieder zu gewinnen ist?

also die “ästhetische Existenz” (Kierkegaard) gerade nicht aus dem Bereich der Kirche zu verweisen, sondern gerade in ihr neu zu begründen wäre? ich glaube das eigentlich, und der Anschluß an das Mittelalter würde auch von hier aus neu gewonnen werden! Wer kann denn z.B. in unseren Zeiten noch unbeschwert Musik oder Frendschaft pflegen, speilen und sich freuen? Sicher nicht der “ethische” Mensch, sonder nur der Christ.

Gerade weil die Freundschaft in den Bereich dieser Freiheit (“des Christenmenschen”!?) gehört, muß man sie allem Stirnrunzeln der “ethischen” Existenzen gegenüber zuversichtlich verteidigen – gewiß ohne den Anspruch auf die “necessitas” eines göttlichen Gebote, aber mit dem Anspruch auf die “necessitas” der Freiheit! Ich glaube, daß innerhalb des Bereiches dieser Freiheit ist Freundschaft das weitaus seltenste – wo gibt es sie eigentlich noch in unserer vorwiegend durch die 3 ersten Mandate betimmten Welt? – und kostbarste Gut ist. Es läßt sich mit den Gütern der Mandate nicht vergleichen, es ist ihnen gegenüber sui generis, aber gehört doch zu ihnen wie Kornblume zum Ährenfeld.

Ährenfeld cornfield
der Anschluß access, connection
der Anspruch claim
die Arbeit work;
der Arbeitbegriff concept of work;
der Arbeiter worker
der Begriff; in compounds -begriff concept of
der Bereich area, domain, scope
die Bildung education
die Bruderschaft brotherhood
der Bürger citizen
der Christ Christian
Christus Christ
die Ehe marriage
die Freiheit freedom
die Freundschaft friendship
das Gebot commandment
der Gehalt content; das Gehalt salary
der Gehorsam obedience
die Güter (pl) goods
die Hinsicht aspect, regard, respect
die Kameradschaft comradeship, being comrades
die Kirche church; der Kirchenbegriff concept of church
die Kornblume cornflower
die Kultur culture
das Mandat mandate
der Mensch
human being
das Mittelalter the Middle Ages
das Recht law, justice, right
das Spiel play, game, sport
der Spielraum leeway, scope
das Stirnrunzeln frown, raised eyebrows
der Umfang amount, breadth, area
der Unterbegriff subtopic
der Unterschied difference
der Vater father
das Verständnis comprehension
die Verwandtschaft affinity
der Zusammenhang connection, relation

begründen account for, base, establish
beobachten find, observe
bestimmen effect, assign, determine
einordnen classify
sich erfreuen rejoice in, enjoz
sich freuen be happy
gehören belong to
gewinnen win, gain, acquire
pflegen attend to, maintain, cultivate
ruhen rest
scheinen seem
spielen play
stehen stand, be
umgeben encircle, surround
verstanden understand
verteidigen defend, advocate
verweisen refer to
zurücktreten rescind, retreat, withdraw

anerkannt recognized, accepted
bestimmt determined, certain
fast almost
gegenüber opposite, compared to
gerade directly, straight
gewiß certain
göttlich godly
innewohnend inherent
kostbar expensive; -ste (superl)
preußich Prussian
stark strong, strict
tatsäschlich factual
unbeschwert untroubled
verlockend tempting
vorwiegend prevalent, predominant
während while
weitaus by far
wieder again
zuversichtlich confident

necessitas (Lat) necessity
sui generis (Lat) in a class by itself

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